Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Interessierte,
“Wir nähern uns im nächsten Schuljahr der “Normalität“, können jedoch nicht sicher sein, ob und wie lange diese Annäherung vorhalten wird.” So hatte ich im letzten Newsletter vor den Sommerferien formuliert. Jetzt wissen wir es besser: Die Infektionszahlen sind mit Beginn der Weihnachtsferien auf einem neuen Höchststand. Klassen- und Schulschließungen sind Alltag. Wie es nach den Ferien weitergehen wird, wird sich erneut erst kurz vor Wiederbeginn ergeben. Corona wird uns voraussichtlich das ganze Schuljahr beschäftigen.
Wie sind die Schulen auf diese Situation vorbereitet?
Unter großem Einsatz haben Kollegien und Schulleitungen auch der Grundschulen Lösungen für bislang nie dagewesene Situationen gefunden und realisiert. Wir bemängeln, dass ein Scouting solcher Schulen bislang nicht stattfindet und damit die große Chance verloren geht, dass die Schulen von- und miteinander besser mit der Situation umgehen lernen.
Ziemlich alleine gelassen fühlen sich die Schulen von der Politik. Noch immer gibt es keine klaren Aussagen, was bei welcher Inzidenzzahl geschieht. Es wäre ein Leichtes dies zu ändern, um so einen verlässlichen Rahmen für alle Beteiligten zu geben.
“Bildung hat Vorrang” ist aus dem Ministerium zu hören. Vorrang vor der Gesundheit der Kinder und der Beschäftigten? Wo bleiben Masken für die Lehrkräfte und weiteren Bediensteten der Grundschulen?
“Schulen sind keine Pandemietreiber!” Auch das ist zu hören. Dabei wird durch neuere Studien auch diese Aussage mittlerweile hinterfragt.
Gerade im Grundschulbereich treten grundlegende Mängel in der Pandemie-Situation deutlich zutage:
Die personelle Mangelversorgung zeitigt erhebliche Mehrbelastungen, zusätzlich zur ohnehin besonderen Belastungssituation zu Corona-Zeiten. Die unzureichende Ausstattung der Grundschulen wird am Beispiel der digitalen Versorgung deutlich. Nicht nur, dass Endgeräte fehlen, es fehlt an Konzepten sowie an Programmen, die von Grundschulkindern sinnvoll bedient werden können. Und es fehlt an der dazu notwendigen Ausbildung der Lehrkräfte.
Der Grundschulverband ist aktiv
In zahlreichen Gesprächen mit Politik und Administration haben wir auf die bestehenden Missstände hingewiesen und Änderungen gefordert. (www.gsv-bw.de und www.grundschulverband.de)
Angesichts der Landtagswahl im März nächsten Jahres haben wir die Fraktionen des Landtags angeschrieben. Wir werden von ihnen erfahren, wie diese die Entwicklung der Grundschulen im Land voranbringen wollen und ihre Antworten rechtzeitig vor der Wahl unter anderem in einem Newsletter veröffentlichen. Es ist Zeit, dass die Grundschulen endlich in den bildungspolitischen Fokus genommen werden und personell und sachlich so ausgestattet werden, dass diese ihrer Aufgabe gerecht werden können.
Belastungsstudie
Wie eigentlich unlösbar die Aufgabe in den Grundschulen zu bewältigen ist, wird an einer vom Grundschulverband in Auftrag gegebenen Studie zur Arbeitssituation in der Grundschule deutlich. Sie trägt den Titel: “Zu viele Aufgaben, zu wenig Zeit: Überlastung von Lehrkräften in der Grundschule“.
Die Studie geht aus von der Arbeitsbeschreibung, wie diese in Gesetzen und Verordnungen vorgegeben wird, setzt diese mit – eher untertriebenen Zeitwerten – an und kommt zu einem verheerenden Schluss: Von über 50 Aufgaben, die Lehrkräfte der Grundschulen zu bewältigen haben, werden lediglich acht mit solchen Zeiten unterlegt und auf die Jahresarbeitszeit umgerechnet. Das Ergebnis: Für diese acht Aufgaben wird eine Jahresarbeitszeit von 1743 Stunden errechnet. Für die restlichen über 40 Aufgaben bleiben ca. 50 Stunden übrig. Da darin die Unterichtsvorbereitung nicht eingerechnet ist, “können die Lehrkräfte pro Unterrichtsstunde dafür 2 (in Worten zwei) Minuten aufwenden.” (S.8) Und weiter: “Sie werden im Kern zu permanenten Dienstpflichtverletzungen gezwungen.” (S. 8: Hier weitere Informationen dazu)
Wichtig zu wissen: Die Daten zu dieser Belastungsstudie wurden unmittelbar vor der Corona-Pandemie erhoben. Es lässt sich unschwer vorstellen, wie eine solche Studie in der aktuellen Situation ausfallen würde.
Zum Jahresende
Allen Lehrkräften und insbesondere auch den Schulleitungen, die sich in dieser herausfordernden Zeit so intensiv engagieren, und ihre Arbeit trotz widriger Bedingungen bravourös leisten, gilt unser besonderer Dank, unsere Anerkennung und unser Respekt.
Wir müssen deutlich machen, dass die Grundschulen dringend und nachhaltig unterstützt werden müssen, um ihrer verantwortungsvollen Aufgabe am Anfang der schulischen Bildungskarriere von Kindern gerecht werden zu können. Die Landtagswahlen im kommenden Jahr könnten die notwendigen Impulse dazu geben. Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen.
Ihnen allen wünschen wir: finden Sie einen guten Abschluss des Jahres und nützen Sie die Weihnachtspause zur dringend notwendigen Regeneration. Halten Sie dem Grundschulverband weiterhin die Treue aber vor allem: bleiben Sie gesund!
Mit freundlichen Grüßen
Edgar Bohn, Vorsitzender der Landesgruppe