Rundfunkbeitrag zum Schriftspracherwerb und Rechtschreibunterricht
Aus der Praxis wissen wir, dass derzeit viele Lehrerinnen und Lehrer verunsichert sind und nicht wissen, was sie mit kindlichen Fehlschreibungen tun oder was sie Eltern antworten sollen, die durch die mediale Berichterstattung der letzten Monate den Eindruck gewonnen haben, dass es nun gelte, jeden Rechtschreibfehler sofort anzustreichen. Zudem haben wir von Einzelfällen gehört, in denen Lehrkräfte die Kinder im Anfangsunterricht gar nichts mehr nach ihren eigenen Ideen aufschreiben, sondern nur noch abschreiben lassen.
Dies wäre allerdings nicht nur kontraproduktiv, sondern würde zudem gegen die rechtlich bindenden Vorgaben des Bildungsplans verstoßen. Die Kinder müssen von Anfang an dazu angeregt werden, „Ideen und sprachliche Mittel zu sammeln und diese als Schreibanlässe zu nutzen“; hierzu sollen die Lehrerinnen und Lehrer eine „fördernde Lernumgebung“ ausgestalten, „damit sie zum freien Schreiben anregt“, und vor allem „regelmäßige Schreibanlässe schaffen.“ (vgl. S. 13 im Bildungsplan für die Grundschule für das Fach Deutsch)
Rechtschreiben ist eine wichtige Kompetenz, die von Anfang an grundgelegt werden muss – aber sie ist nur ein Teilbereich des Schreibunterrichts insgesamt, der Kinder dazu befähigen soll, dem Schreibanlass entsprechend adressatenbezogen Texte zu planen, zu schreiben und zunehmend selbstständig zu überarbeiten: Texte, die informieren, appellieren, erzählen…
Diejenigen Kinder, die noch nicht begriffen haben, dass Schriftzeichen Laute abbilden, werden nicht gut unterstützt, wenn ihnen einfach alle Fehler angestrichen werden. Beim Umgang mit kindlichen Fehlschreibungen geht es nicht um das Sammeln von Fleißkärtchen bei mitlesenden Erwachsenen, sondern um die pädagogische und fachdidaktische Verantwortung für das Rechtschreibvermögen der Kinder; ihnen gilt es (sobald sie in der Lage sind, damit umzugehen) echte qualitative Rückmeldungen zu geben; sinnvoller als alles pauschal anzustreichen ist es, Fehlerschwerpunkte (!) zu identifizieren, ob mit geschultem Blick oder mit Hilfe einer normierten Rechtschreibdiagnostik, und der Reihe nach (!) zu bearbeiten.
Natürlich wissen dies die Lehrerinnen und Lehrer, und zur Auffrischung und zur Implementation des Bildungsplans werden gerade einmal mehr Fortbildungen im Lande angeboten, aber für alle, die sich unsicher sind oder die verunsicherten Eltern eine Information geben möchten, sei ein Rundfunkbeitrag vom 2. April 2017 empfohlen, der die bildungspolitische Diskussion der letzten Monate noch einmal kurz nachzeichnet und anschließend einen Überblick über Schriftspracherwerb und Rechtschreibunterricht gibt.
SWR Aula: Varat-Fahren – Schreiben lernen in der Grundschule. Von Hans Brügelmann. 29 Minuten, ARD Mediathek (2.4.2017).
Außerdem weisen wir hin auf die neue Reihe „Argumente“ des Bundesverbandes, die auch das Thema Rechtschreibunterricht behandelt: → „Argumente Rechtschreiben“.